Interview mit Redakteur Peche
Bernd Zilly gehört zum Urgestein des Pforzheimer Gemeinderats. Jetzt zieht der 75-jährige Uhrmachermeister und langjährige Fachlehrer an der Uhrmacherschule sich nach gut 22 Jahren im Gemeinderat zurück, um jemand jüngerem Platz zu machen: Am 15. Februar zieht die 40-jährige Nicole Gaidetzka für ihn in das Gremium ein. Das sei Teil des Verjüngungsprozesses innerhalb der Unabhängigen Bürger (UB) in Pforzheim, die „etwas mit Überalterung zu kämpfen haben“ wie Zilly im Gespräch mit dieser Zeitung sagt.
Sein Entschluss komme nicht plötzlich und sei eigentlich erst zum Sommer geplant gewesen. Gesundheitliche Gründe, die gerne mit dem Alter einhergehen, haben für Zilly´s Rückzug keine Rolle gespielt. Eher schon eine „gewisse Ermüdung“ durch Rückschläge der Politik von UB und der Fraktionsgemeinschaft mit den Freien Wählern.
Zilly macht die Stadtverwaltung für viele Verzögerungen und den Gemeinderat mit „Blockaden“ verantwortlich für einen gewissen Frust. „Viele Dinge, die mir am Herzen lagen, wurden verschleppt“, so der langgediente Kommunalpolitiker. Er nennt zuvorderst die Bäderfrage und den schlechten Erhaltungszustand von Straßen und öffentlichen Gebäuden.
Vieles ist nicht in meinem Sinne gelaufen.
„Vieles ist nicht in meinem Sinne gelaufen“, sagt Zilly und versucht es als Ergebnis einer demokratischen Entscheidung abzuhaken. In einem gewissen Alter könne man dies aber nicht mehr so leicht wegstecken. Er erwähnt dabei häufige Pattsituationen im politischen Machtspiel und „oft sinnlose Diskussionen mit der Verwaltung“.
Er habe sich zwar mehr erhofft, fühlt sich aber dennoch nicht als Verlierer. Dabei verweist er auf Erfolge bei Brötzinger und Nordstadtschule, deren alte Gebäude mit seinem Votum erhalten und saniert wurden.
Auch sei es gelungen, den Sanierungsstau bei den anderen Schulen weitgehend abzubauen. Und erst der Erhalt des Eutinger Hallenbads, den er sich anrechnet: Einst als schlechtestes Bad Pforzheim geschmäht, ist es heute zur Freude Zillys das Aushängeschild in der verwaisten Bäderlandschaft.
Er kämpfte für den Erhalt des Wartberg-Freibads und gegen eine Kombilösung dort. Inzwischen hat er sich angefreundet mit dem Sportbad anstelle des Emma-Jaeger-Bads, weil es die Möglichkeit eines späteren Ausbaus zum Familienbad biete.
Bei der Planung der Innenstadt-Ost kämpfte Zilly gegen den Abriss des Technischen Rathauses und die Schließung der Schlossberg-Auffahrt, genauso wie gegen die Investor-Lösung. An der Seite des früheren FDP-Kollegen aus der „Großfraktion“, Hans-Ulrich Rülke, musste Zilly erleben, dass das Bürgerbegehren gegen die Innenstadt-Ost nicht zustande kam.
Ein schwerer Schlag für Zilly, wo die Bürgernähe doch zur DNA der UB gehört. „Leider kam das Begehren erst zu einem Zeitpunkt, als die Würfel schon gefallen waren.“ Immerhin, die vorherige Bürgerbefragung brachte hervor, dass eine Mehrheit nicht mit der Planung Innenstadt-Ost einverstanden ist.
Wahlspruch: „Immer ein Ohr bei den Menschen“
Altes erhalten ist für Zilly sein Ausdruck von Konservatismus. Dass er damit und mit seiner christlichen Orientierung nicht bei der CDU landete, liege an der anfänglichen Ausrichtung der UB, Sprachrohr der Bürgervereine zu sein. „Immer ein Ohr bei den Menschen“, sei deren Wahlspruch bis heute. Und das schließe parteipolitische Orientierung in der Kommunalpolitik eigentlich aus.
Dennoch mussten Zilly und seine Gefolgsleute von den UB flexible Bündnisse eingehen. Anfangs mit FDP und Freien Wählern (FW), dann mit der Grünen Liste, schließlich mit FW und der LBBH von Joachim Bruch. Es folgte die sogenannte Großfraktion, die schließlich platzte und jetzt die UB mit den Freien Wählern zurückließ.
Das Hin und Her im Gemeinderat und dessen zunehmende Zersplitterung stellte hohe Anforderungen an Zilly, der vier Oberbürgermeister erlebte und seinen Prinzipien treu zu bleiben suchte. Seine auf Vernunft basierende Haltung, dem gesunden Menschenverstand folgend, fand immer Widerhall im Gemeinderat. Einige, auch politische, Ämter wird er noch behalten. Etwa den Vorsitz der Unabhängigen Bürger, die er einst mitgründete.
Oder den Sitz im Eutinger Ortschaftsrat. Auch hier stehe Verjüngung an, doch die Frage seiner Ablösung sei in Reihen der UB noch nicht entschieden. „Es gibt junge Leute, die das machen könnten“, sagt Zilly und denkt an Vera Müller aus dem Mäuerach. Den Vorsitz im dortigen Bürgerverein hat Zilly schon 2021 in junge Hände gegeben – an Christian Zak.